Die „Stunde Null“ in Coburg: ein Überblick

Coburg hatte die Kriegszeit vergleichsweise unbeschadet überstanden. Beim Anmarsch amerikanischer Truppen liegt die Stadt jedoch vom 8. bis 11. April 1945 mehrfach unter Beschuss.

Bei einem der ersten Angriffe wird das Stadtviertel um Borneffs Elternhaus in der Großen Johannisgasse schwer getroffen.

Unter dem Vorzeichen nationalsozialistischer Durchhaltepropaganda fallen noch bis in die letzten Stunden des Krieges hinein vor allem junge Soldaten, die sich nicht hinreichend ausweisen können, standrechtlichen Hinrichtungen der Wehrmacht zum Opfer.

Am 9. April macht sich der nationalsozialistische Oberbürgermeister August Greim mit Gefolge davon und setzt einen Stadtamtmann als kommissarischen Vertreter ein.

In der Nacht zum 11. April machen sich zwei zur Besatzung der Veste gehörende Offiziere auf den Weg mit dem Auftrag, wegen des freien Abzugs der etwa 600 in der Burg festsitzenden Zivilisten Kontakt mit den Amerikanern aufzunehmen. Es handelt sich um Adolf Müller, einen Oberleutnant der Reserve, und den Assistenzarzt Dr. Maurer.

Unter abenteuerlichen Bedingungen treffen die beiden an der Frontlinie vor Unterlauter auf eine Vorhut der 3. US-Division. Die zuständige Stabstelle zeigt keinerlei Bereitschaft, über Sonderbedingungen zu verhandeln. Sie beharrt dagegen auf der Forderung nach sofortiger und bedingungsloser Übergabe der Stadt unter Androhung der vollständigen Zerstörung bei Nichterfüllung.

Als die beiden Parlamentäre kurz nach ihrer Rückkehr am nächsten Morgen erfahren, dass die Wehrmacht unter Missachtung des Durchhaltebefehls aus der Veste abgerückt war, fahren sie kurz entschlossen sofort zu den Amerikanern zurück, um aus eigenem Entschluss die Stadt zu übergeben.

Mit dieser mutigen Tat retten sie die Stadt buchstäblich im letzten Augenblick. Denn ein Bomberverband hat sich schon in der Luft befunden und kann noch per Funk zurückbeordert werden.

Die Bilanz der letzten Kriegstage ist mit 43 Todesopfern, 136 total zerstörten und 491 schwer oder leicht beschädigten Wohnungen zwar schmerzlich, doch bleibt die historische Substanz der Stadt weitgehend unversehrt.

Die Macht liegt nun unumschränkt in Händen der amerikanischen Militärverwaltung, die seit Sommer 1945 die Bezeichnung „Military Government Detachment B- 225“ trägt und für die Stadt und den Landkreis Coburg zuständig ist.

Text: Rupert Appeltshauser