Sonnefeld – Gedenktafel für
Magister Lorenz Lang
Analyse und Interpretation von Bild und Text
Der Text dieser Tafel ist lediglich bei Leistner I S.110/1 und Haas angeführt. Sie findet sich dagegen nicht bei Lehfeld.
Für den Inhalt liefert das mit Öl auf Holz gemalte Bild Ansatzpunkte. Unten ist deshalb auch eine Erklärung bzw. Interpretation hinzugefügt.
Und der deutsche Text,
Der Text der heutigen lateinischen Inschrift auf der Tafel:
EPITAPHIVM CLARISS: VIRO. D LAURENTIO LANGIO / SICVT ABEL CECIDIT IVGVLATVS FRATRE CAINO, / LANGIE LAURENTI SIC CADIS, ALTER ABEL / NANQVE TVVS CAIN, CVI TE TVAQVE OMNIA TANQE /FRATRI CREDEBAN TE NECAT, IDqe VOLENS. /PRAETER AMICITIAE NOMEN IAM NIL PROPE RESTAT, / VIVE TIBI, NVLLI FIDE, DEVMQVE TIME. / VISCERA PERTEREBRAT PLVMBO MALEFIDVS AMICVS. / IMPIVS OCCIDIT FRAVDE DOLOQVE TIVM. /QVID FIT? ERINNYS AGIT PATRATA CAEDE TYRANNVM. / IPSE SVVM RIGIDO PERFORAT ENSE LATVS. / AETHERIAS DIGNVS LAVRO LAURENTIVS ORAS /OCCVPAT, HEV STYGYS MERGITVR ALTER AQVIS.
- Zunächst also Fehler, die ein Restaurator oder Maler gemacht hat:
credeban (Vers 4): diese Form gibt es nicht, zudem sieht man, dass das „N“ anders geschrieben ist, da dei senkrechten Striche sonst sehr dünn, hier aber so breit geschrieben worden sind. Das Subjekt kann nur die 2. Person ( du vertrautest) analog zu „cadis“ sein.
TIVM (Vers 8): auch hier sieht man an der Schreibweise des „T“, dass das nicht aus dem Original stammt, weil jedes „T“ im Text nur sehr schmale Querstriche aufweist. Vergleicht man den Querstrich mit dem Bogen links mit dem übrigen Text, so fällt das „P“ auf mit eben diesem Bogen. Somit ergibt sich ein „PIVM“, was auch sehr gut in den Zusammenhang passt.
- Schreibfehler finden sich in vielen Formen:
ERYNNIS (Zeile 9): korrekte Formen sind aber ERINYS (und Genitiv: ERINYOS); dass zwei Buchstaben vertauscht werden, das kommt öfter vor, Beispiele sind Silvia und Sylvia sowie Sybille statt Sibylle und auch Lybien statt Libyen. dagegen gibt es sowohl eine Schreibung mit einem „N“ oder zwei: ERYNIS / ERYNNIS!
STYGYS (Zeile 11): Korrekt heißt es Styx – Stygis für den Fluss, der – wie bei Orpheus – die Unterwelt abtrennt. Mit der Fahrt darüber im Kahn des Charon verlieren die Schatten (= Seelen) die Erinnerung an die obere Welt. Zwei Bemerkungen dazu: Zum einen ist das eine heidnische Vorstellung, die nicht in eine Kirche und zum übrigen Text passt. Außerdem kann kein Toter darin „versenkt“ werden oder darin ertrinken, weil er ja schon tot ist. Hier wollte der Verfasser der Distichen also unbedingt seine Bildung zeigen, als eine Art „poeta doctus“ erscheinen. Im deutschen Text daneben wird übrigens „y“ teilweise für „i“ verwendet wie in Zeile 4: „yhm“ statt „ihm“!
- abweichende Schreibweisen bzw. Abbreviaturen:
Das „Q“ wird außer in Vers 3 (NANQVE) immer in der kleinen Form von q (Vers 3: TVAqVE) geschrieben, welches von Leistner mit „P“ verwechselt bzw. gleichgesetzt worden ist, wodurch absolut unverständliche Wörter entstanden sind wie „apuis“ statt „aquis“ oder „dolopue“ statt „doloque“! Vgl. die Schreibweisen von „Q“ im Lexicon Abbreviaturarum von Adriano Cappelli:
Teilweise wird dieses „q“ verbunden (Ligatur) mit einem „э“, was wohl das „e“ in der Abbreviatur bedeutet. Beispiele sind das „nanque“ und das „tanquam“.
Zu den Abbreviaturen zählen daneben die Ligaturen von A mit E wie in PRÆTER, AMICITIÆ oder CÆDE, inkonsequenterweise aber nicht in AETHERIAS.
Tanquam statt tamquam und nanque statt namque sind übliche Schreibweisen mit Konsonantenwandel. Das bedeutet, dass „m“ vor Dentalen zu „n“ wird, weil dies die Aussprache erleichtert wie auch bei eundem (eumdem) oder contemnere (cumtemnere).
- Suspensionen
Die »Suspension« ist die Verwendung der Anfangsbuchstaben bzw. das Weglassung von Buchstaben am Wortende, die ggf. durch Punkt oder andere Zeichen ersetzt werden können:
„CLARISS;“ = CLARISSIMO; das Weggelassene ergibt sich eindeutig durch das VIRO!
D für Dominus
- Erklärung des Bildes
Im Vordergrund ist Langes Familie kniend und betend zu sehen, im Mittelpunkt er selbst, wobei die Größe der Personen ihrer Bedeutung entsprechen. Sie sind nach dem Geschlecht getrennt, nämlich links männlich, rechts weiblich. Die weiß Gekleideten mit dem Kreuz darauf dürften früh gestorben sein, was auf die Kindersterblichkeit damals hindeutet. Vom Haus führt ein Weg zu dem Platz, auf dem ein Kreuz zu sehen ist, es könnte sich also der Mord hier ereignet haben und das Kreuz wurde als Marterl oder als Gedenkkreuz errichtet, denn diese stehen oft am Tatort eines Verbrechens.
All diese verschiedenen Situationen werden in Form einer Simultaneität dargestellt. So wird im Hintergrund auch noch der Mord selbst gezeigt, sehr gut ist das Schwert (ensis) zu erkennen.
Im Hintergrund rechts sieht man die Veste Coburg, oben im Himmel thronen Gottvater, Christus und der heilige Geist.
Das Bild ist also geprägt von einer volkstümlichen Frömmigkeit und dies erkennt man auch im deutschen Text.
Quellen:
Haas, Helmut: Inschriften der Stadt und des Landkreises Coburg bis zum Jahr 1650; Bindlach [Selbstverl.] 2002
Armin Leistner: Alte Grabdenkmäler und Epitaphien des Coburger Landes – I. Teil; in: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1976; S. 110 f. [Vieles ist bei der Abschrift nicht erkannt, so fehlen Buchstaben, „Q“ ist meist nicht erkannt, sondern als „P“ wiedergegeben, Abbreviaturen sind nicht verstanden etc.]
P. Lehfeldt / G. Voss: Die Bau- und Kunst-Denkmäler Thüringens /32: Herzogthum Sachsen-Coburg und Gotha. Landrathsamt Coburg. Amtsgerichtsbezirk Coburg 1906; Reprint 2016; S. 92 (ohne Inschrift)
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