Coburgum Latinum

Übersetzung und Kommentar der Inschrift am Casimirianum

Text in klassischem Latein
(in moderner Schreibweise und – zum leichteren Verstehen – mit vereinfachtem Satzbau,
Aufbau einer „typischen“ Gründungsinschrift der Renaissance
Ad gloriam

Dei optimi maximi creatoris,

et filii eius Jesu Christi, domini et salvatoris,

et spiritus sancti sanctificatoris et consolatoris nostri,

Betonung des Ziels:

zur Ehre Gottes, des besten und größten Schöpfers,

und dessen Sohn Jesus Christi, des Herrn und Heilandes

und des Heilgen Geistes, unseres Heilbringers und Trösters,

die heilige Drei-faltigkeit:
Dei eiusdem gratia,

Johannes Casimirianus,

dux Saxoniae,

comes provincialis Thuringiae,

marchio Misniae &c,

hat auf Grund der Gnade ebendieses Gottes

Nennung des Dedikanten: Johann Casimir,

Herzog von Sachsen,

Landgraf von Thüringen,

Markgraf von Meißen et cetera

 

Stifter

3 Titel

et propria pietate

ac benigna erga subditos affectione,

et avi ac maiorum suorum laudatissimorum exemplo motus

(Anlass der Weihung:) und aus eigener Frömmigkeit

und gütiger Zuneigung gegenüber den Untertanen

und durch das Vorbild des Großvaters und seiner hochgelobten Vorfahren bewegt

3 Motive
Gymnasium hoc , dieses Gymnasium Weihe-formel:
templum verae et in verbo Dei fundatae religionis

 

virtutum, artium liberalium, et linguarum cardinalium officinam

 

ac domicilium ecclesiae ac rei publicae seminarium, praesidium ac ornamentum

als Tempel einer wahren und auf das Wort Gottes gegründeten Religion

als eine Werkstatt und Wohnung der freien Künste und der maßgeblichen Sprachen

sowie als Pflanzschule, Schutz und Schmuck der Kirche und des Staates

3 Funk-tionen
extruxit, instituit, dotavit eoque Franconiam decoravit. errichtet, eingerichtet, ausgestattet und dadurch Franken geschmückt 3 Verdienste Casi-mirs
Anno post navitatem Christi MDCIV im Jahr 1604 nach Christi Geburt
Erklärungen/ Kommentar:

Dei optimi maximi : Vgl.: Iuppiter optimus maximus

Chri / sti

salvator: Retter, Erlöser, Heiland (vgl. Salvatorkirche)

sancti / ficator: (sanctus + ficare/facere) der Heiligende, der Weihende

consolator: (vgl. consolari: trösten) Tröster

dux: Herzog (aus: Heer + ziehen = ducere)

comes provin / cialis: Landgraf

marchio: Markgraf; Grenzbewohner (nach germanisch marcha Grenzland, Gemarkung)

subditus: (von subdere / sub + dare = unterwerfen, untertänig machen) Unterworfener; Untertan; Untergebener

affectio: Einwirkung, Zuneigung

avi: von avus = Großvater ( gemeint ist sein Großvater Johann Friedrich, auf den die Universität in Jena zurückgeht.)

verbo Dei fundatae religionis: gemeint ist der protestantische Glaube, der sich durch Luther auf das Wort Gottes stützt

virtutes: die (sieben) Kardinaltugenden, wie sie auf den Holztafeln in der Aula zu finden sind.

artes liberales: die sieben freien Künste

linguae cardinales: maßgeblichen  Sprachen, also Latein, Griechisch, hebräisch (cardinalis: zu einer Hauptkirche gehörend, maßgebend; vgl cardo: Türangel, Angelpunkt)

ecclesia: (griechisch) Kirche; christliche Gemeinde; gemeint ist in Coburg natürlich die protestantische Kirche

seminarium: Pflanzschule; vgl. semen = Samen

extruxit (Casimir hat für den Bau gesorgt), instituit (den Lehrplan umrissen und die Schulordnung in Auftrag gegeben), dotavit (er hat den Schulbetrieb durch Stiftungen gesichert)

Anno 1604: tatsächlich erfolgte die Einweihung erst am 3. Juli 1605, weshalb auch die alljährliche Bekränzung Casimirs im Juli stattfindet.

 

Zu Sprache und Form:

 

 

 

Als Vergleich lässt sich etwa eine Weiheinschrift [Leonhard Schumacher: Römische Inschriften: Stuttgart (Reclam) 1988; S. 118] aus dem Theater in Feurs heranziehen:

Divo Augusto sacrum. Dem vergöttlichten Augustus geweiht. Ad gloriam Dei
pro salute Tiberi Claudi Cesaris […] Für das Wohl des Kaisers Tiberius Claudius
Tiberius Claudius […] Capito hat Tiberius Claudius Capito Johannes Casimirianus,
sacerdos Augusti […] als Priester des Augustus dux Saxoniae
theatrum […] Das Theater Gymnasium
de sua (pecunia) lapideum Aus eigenen Mitteln

in Stein

 

linguarum cardinalium officinam

restituit wiederherstellen lassen extruxit, instituit, dotavit

 

 

Literatur:

Musarum Sedes; Festschrift zum 400-jährigen Bestehen des Gymnasiums Casimirianum Coburg, Coburg 2005; Seite 36

Hans-Ludwig Oertel / Klaus Wunderer: Salve! ein Spaziergang auf der Suche nach lateinischen Inschriften an Coburger Gebäuden und Gedenksteinen; in: Coburger Geschichtsblätter. – hrsg. von der Historischen Gesellschaft Coburg e.V, 2014; S 22 ff.

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