Übersetzung und Kommentar zur Inschrift der Ratsschule

 

Text Übersetzung Kommentar
Epigramma in honorificam scholae Epigramm zum ehrenden Gedenken an die wieder errichtete Coburger Schule: Epigramm ist wörtlich eine „Aufschrift“
Coburgensis denuo extructae memoriam: denuo [de novo]: die Schule wurde an der Stelle der abgerissenen Vorgängerschule neu errichtet.
Morlino verbi sacri doctore coburgi Als Morlinus der Lehrer des heiligen Wortes war in Coburg, Maximilian Mörlin; Quelle: Wagenmann, Julius August, „Mörlin, Maximilian“ in: Allgemeine Deutsche Biographie 22 (1885), S. 325 
Urbis celebris Franciae der gefeierten Stadt Frankens,
Qvando duodecies Herwardus consulem agebat und als Herbard zum 12. Mal Bürgermeister war consul und aedil stehen für die deutschen Ämter, man spricht da von Latinismen, wobei aedil und Baureferent natürlich nicht bedeutungsgleich sind.

Johann Herbard/Herwart

Cerero et Hausen aedilibus [.] und Cerer und Hausen Bauherren waren zwei Räte waren jeweils „Bauherren

Den Aedilen oblag in Rom auch die Fürsorge für öffentliche Bauten.

Cerer: Er war wohl 1578 Bürgermeister; 1572 Neubau des Hauses Judengasse 2 für Johann Cerer. Es entsteht das schöne Renaissance-Portal  (vgl: Coburg-Magazin 

HAUSN würde schon aus metrischen Gründen nicht passen, zudem bietet schon Däbritz die richtige Schreibweise.

Hae sunt extructae numerosis sumptibus aedes [,] Ist dieses Haus mit hohem Aufwand erbaut worden, Handwerkerrechnungen sind erhalten (vgl. Wessels, Grabungsmuseum Kirchhof; Seite 36 ff.)
Ut introeat rex gloriae [.] damit der König der Ehre eintrete. Introire, nicht intrare (intret)
Christe[,] tibi sacram musis [que / et] tuere sareptam [,] O Christus, beschütze dieses dir und den Musen heilige Sarepta Sarepta (griechische Bez. der phönizischen Stadt Zarpat) bedeutet Schmelzhütte [vgl. Fußnote 1]
Ecclesiae sit ut hortulus[.] Damit es ein Gärtchen der Kirche sei Das Bild der Kirche als hortulus wird mit flos fortgeführt.
Flos ubi succrescat[,] Qvi tandem inserviat aulae Wo dir eine Zierde nachwachse, die am Ende dem Hof Die Schüler sollen Hofbeamte und Kanzlisten
Toti rei [que] publicae [.] Und dem ganzen Staat dient. sowie Staatsdiener werden.

FUBLICAE ist ein Lese-/Abschreibfehler

Anno Christi Psalmo LXIIII Im Jahr des Herrn 1576 1576 ergibt sich durch das Chronogramm [vgl. Fußnote 2]
Laetabitur iustus in domino svo [wie] Im Psalm 64: es wird sich freuen der Gerechte in seinem Herrn Psalm 64 [vgl. Fußnote 3]

LAETAEITUR ist ein Schreibfehler, es muss laetabitur heißen.   [vgl. Fußnote 4] 

Der zweite Fehler in dieser Zeile ist wohl ebenso bisher nicht bemerkt worden. Die Form in der (restaurierten) Tafel „DOMINOVO“ gibt es nicht und  es ergibt keinen Sinn. Dafür ist ein „sVo – wie übrigens auch in Psalm 64: „in seinem Herrn“ – zu lesen und das „s“ ist irgendwie verschwunden. Hönn a.a.O. Seite 212 hätte übrigens, wenn jemand sich kundig gemacht hätte. die Hinweise gegeben!

Et sperabit in eo Und hoffen in ihm.

 

Fußnote 1: Sarepta (griechische Bez. der phönizischen Stadt Zarpat) heißt Schmelzhütte [vgl. Fußnote 3]  (vgl. WiBiLex und Wikipedia); überzeugend ist folgende Erklärung: ein Gerichtswort des Propheten Maleachi: „Er wird sitzen und schmelzen und das Silber reinigen.“ (Maleachi 3,3). … Löhe hatte erklärt, Christus selbst sei der Schmelzer. So wie der Schmied durch glühende Hitze alle Verunreinigungen aus dem Silber herausbrenne, um es rein verarbeiten zu können, so läutere Christus die Seele eines Menschen von allem Eigenwillen, um ihr Innerstes formen zu können. Entsprechendes könnte über Schulerziehung gesagt werden. Die Lateinschulen sollten ja vor allem Theologen und Juristen heranbilden. Die Schulen übernahmen damit die Rolle, die die Klöster früher für das Heranziehen des geistlichen Nachwuchses besessen hatten.

Fußnote 2: Ein Chronogramm (oder Eteostichon) ist ein Satzteil, ein Satz, ein Sinnspruch oder eine Inschrift, meist ein Vers in lateinischer Sprache, in dem diejenigen Buchstaben, die auch als römische Zahlzeichen gelesen werden können (I, V, X, L, C, D, M), in ihrer Summe die Jahreszahl des Ereignisses angeben, auf das sich der Text bezieht. Dabei sollte jedem Buchstaben, der eine Entsprechung als römisches Zahlzeichen besitzt, auch tatsächlich eine Bedeutung für die Ermittlung der Jahreszahl zukommen. Die Zahlbuchstaben sind meist hervorgehoben, etwa durch Großschreibung oder Verdickung der Buchstaben bzw. durch farbliche Abhebung mittels Rötung oder Vergoldung. Eine Besonderheit bilden Krypto(chrono)gramme, bei denen die Zahlbuchstaben nicht gekennzeichnet sind und „verborgen“ bleiben.

 

Fußnote 3:  Psalm 64: Psalm – Kapitel 64

Bitte um Schutz vor bösen Anschlägen

Vers 10: Und alle Menschen werden sich fürchten und sagen: „Das hat Gott getan!“ und merken, dass es sein Werk sei. 11 Die Gerechten werden sich des HERRN freuen und auf ihn trauen, und alle frommen Herzen werden sich des rühmen.

Fußnote 4 : laetaeitur ist ein Schreibfehler (bzw. Lesefehler) , es muss laetabitur heißen.  Der Fehler fand sich natürlich nicht in der Originalinschrift, sondern ist erst später entstanden, entweder durch Verblassen der Farbe (B>E) oder durch einen des Lateinischen unkundigen Restaurator, dem offensichtlich beim Ausmalen der Fehler unterlaufen ist.  Denn dadurch, dass beim „B“ die rechten Bögen fehlen, hätte es für den Restaurator so aussehen können, als ob hier ein „E“ stehen würde. Überzeugender ist wohl die Annahme, dass die Bögen beim „B“ einfach in letzter Zeit verblasst sind. Da aber eine Abschrift aus der Zeit vor 1988 die korrekte Form enthält, kann angenommen werden, dass der Fehler erst nach 1988 entstanden ist.

Zum Thema Textkritik: Beim Abschreiben könnte das „ae“ (von laetabitur) leicht im Gedächtnis bleiben und dann bei laetaeitur noch einmal eingefügt bzw. geändert werden, was als „Abschreibversehen“ bezeichnet wird, wenn der Text „abgeschrieben“ wird. Hier sollten freilich nur die Buchstaben wiederhergestellt (und nicht abgeschrieben) werden.


 

Quellen:

Reiner Wessels, Grabungsmuseum Kirchhof, Coburg 1995

Rudolf Hermann Däbritz in: Aus der Heimat; Jahrgang 1933, Heft 6

Karche, Philipp Carl Gotthard 1780-1854 Jahrbücher der Herzogl. Sächs. Residenzstadt Coburg;
Die ältere und älteste Geschichte der Stadt und des Landes Coburg; Coburg 1853; III S. 322

 

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