Haus in Lichtenfels

mit lateinischer Inschrift

Mühlgasse 1

SEMPER LAUS DEO IN ORE MEO
HAEC DOMUS AEDIFICATA EST
IN HONOREM SANCTAE ET INDIVITAE TRINNITATIS –
PATER+FILLIUS + ET SPIRITUS SANCTUS
CUSTODIANT ALEAE AB OMNIBUS
QUO INTRANT ET HIC EXEUND

vgl. die Behandlung auf Facebook unter „Coburgum Latinum

Zum Text:
Der Text dürfte die fromme Gesinnung des Erbauers aus dem 17. Jahrhundert nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges zeigen. Die Holzplatte könnte aber natürlich zu einem späteren Zeitpunkt eingesetzt worden sein. Daneben unterscheidet es sich von vielen anderen Inschriften an Lichtenfelser Fachwerkhäusern  durch das Latein.
Auffällig ist die hohe Anzahl von Fehlern, die wohl eher darauf schließen lassen, dass der Verfasser nicht mehr sicher in lateinischer Schreibung war, als dass dem Maler die Fehler beim Abschreiben bzw. bei der Restaurierung unterlaufen sind. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass die Rechtschreibung zu dieser Zeit sogar im Deutschen sehr frei gehandhabt worden ist. So hat Luther durchaus in einem Brief ein Wort in zwei verschiedenen Schreibweisen wiedergegeben.
An Rechtschreibfehlern fällt auf:
  • TRINNITATIS: trinitatis (trinitas: Dreieinigkeit; nach lat. trini je drei)
  • FILLIUS: filius
  • EXEUND: exeunt

An grammatischen und sprachlichen Problemen vor allem:

  • INDIVITAE: „ungeteilt“ offenbar nach „dividere – teilen“, das aber ein PPP „divisus“ und ein Adjektiv „dividuus – teilbar“ bildet. Diese Form „INDIVITAE“ ist also ungebräuchlich, eher: „individuae – ungeteilt“ und „indivisae – ungeteilt“
  • ALEAE: im Mittellatein alea – die Schicksalsgöttin; also: die Schicksalsgöttinen = das Schicksal
  • CUSTODIANT … AB OMNIBUS: sie mögen beschützen vor allem / gegen alles (zu denken wohl als: vor allem Bösen); sinnvoller wäre wohl: „das Schicksal möge alle beschützen, die …,“ lateinisch: „custodiant omnes, qui…“

weitere Beobachtungen:

  • SEMPER LAUS DEO IN ORE MEO: sprichwörtliche, häufig auftauchende Wendung bis hin zu mittelalterlichen Liedtexten oder dem Washington Monument in Washington, DC, an dessen Spitze „laus deo“ zu finden ist. Außerdem ist SLD eine im Englischen sehr gebräuchliche Abkürzung für SEMPER LAUS DEO
  • QUO INTRANT: „wohin sie eintreten“; sinnvoller wäre eine Konjektur „qui“, wodurch sich der Sinn ergäbe: „die hinein und hier herausgehen“

Übersetzung (ohne genaue Beachtung der lateinischen Formen):
Ich werde immer Gott loben!
Dieses Haus wurde erbaut zur Ehre der heiligen und unteilbaren Dreieinigkeit – der Vater und der Sohn und der heilige Geist.
Das Schicksal möge alle beschützen, die hier herein- und herausgehen.

alle Fotos: W. Koch

 

Zuschriften bitte an: Coquus22@gmail.com (Administrator)

Bitte besuchen Sie auch die gleichlautende Seite bei Facebook: Coburgum Latinum

 

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