Typisch British, very deutsch

„Volksfest in der Rosenau“ oder höfisches Zeremoniell?

Das Schaustück des Sonneberger Handelsvereins für die Weltausstellung von 1851

Ein Beitrag der Initiative Stadtmuseum Coburg e. V. und der Eisenbahnfreunde Steinachtalbahn e.V. zur Ausstellung „Typisch British, very deutsch“ im Puppenmuseum

Für weitere Angaben und das Begleitprogramm aktivieren Sie bitte den Link Faltblatt in PDF.

Die Ausstellung  war zu sehen bis Ende Oktober 2019 im Puppenmuseum.  Bis Anfang Januar wurde sie dann im Foyer des Rathauses in Rödental gezeigt.

Um die Mitte des 19. Jahrhunderts setzten sich Gewerbeausstellungen mit dem Ziel der Förderung von Industrie und Handwerk immer mehr durch. Es gehört zu den großen Verdiensten des Prinzen Albert, mit der Weltausstellung von 1851 in London in diesem Sinne erstmals ein anerkanntes Forum von internationalem Rang geschaffen zu haben.

Die Spielzeughersteller der Region waren vertreten mit der Figurengruppe „Gulliver in Lilliput“ des Sonneberger Fabrikanten und Kaufmanns Adolf Fleischmann und mit dem Schaustück „Volksfest in der Rosenau“, das auf Initiative des Sonneberger Handelsvereins vom Fotografen und Zeichenlehrer Nicolas Horn entworfen und eigens für die Weltausstellung hergestellt wurde.

Nach dem Ende der Ausstellung wurde das Schaustück versteigert und gilt seither als verschollen. Erhalten sind 14 Entwurfskizzen und eine Farblithografie, auf der es in Teilansicht an dem Ort zu erkennen ist, an welchem es im Kristallpalast stand.

Aufgrund unzureichender dokumentarischer Grundlagen ist eine genaue Rekonstruktion des Schaustückes nicht möglich. Um einen Eindruck, zu vermitteln, wie es ausgesehen haben könnte, haben die Eisenbahnfreunden Steinachtalbahn ein Modell in verkleinertem Maßstab angefertigt und die Initiative Stadtmuseum hat dazu die historischen Hintergrundsmaterialien zusammengestellt.

Unser Beitrag kann auch Aufschluss darüber geben, was im Bezug auf den Ausstellungstitel damals als „typisch British“ oder als „very deutsch“ verstanden wurde.

In einem parlamentarisch geprägten Land wie England mit seiner industriell fortgeschrittenen Gesellschaft war „very deutsch“ noch immer mit der Vorstellung einer gewissen Rückständigkeit verbunden. Eine wesentliche Zielsetzung der Hersteller lag darin, diesem Bild entgegenzuwirken.

So gesehen haben wir es nicht nur mit einem Zeugnis regionaler Handwerkskunst zu tun, deren hoher Stand eine Präsentation auf internationale Bühne nicht zu scheuen brauchte. Die Darstellung einer volkstümlichen Kirmes, auf welcher mit deutlichem Verweis auf den Geburtsort des Prinzgemahls die Welt des Adels, das Bürgertum und die unteren Stände in harmonischer Eintracht zusammenfinden, enthält auch eine pointiert sozialgeschichtliche Aussage. Denn damit werden Formen des gesellschaftlichen Umgangs vorgeführt, die aus typisch britischer Sicht zu dieser Zeit nicht unbedingt als „very deutsch“ gelten konnten.