Der Sarg der Herzogin Anna Sophia

in der Fürstengruft

Dieser Sarg wurde ausgewählt, da der ansonsten schmucklosen Metallsarg laut Krauß auf der Stirnseite des Deckels eine lateinische Inschrift aufweist:

Mortale quod habuit

Heic deposuit

Anna Sophia

Princip. Svartzeburg. edita,

Francisci Josiae

Saxon. Ducis

terrarum Coburg. et Salfeld

Domini,

Qui numquam eam nisi morte turbavit

vidua.

Nata Rudolstad. V Id Sept. A. C. N. MDCC.

nupta IIII. Non. Januar. A. C. N. MDCCXXIII.

marito orbata Cariss. XVI. Cal. Octobr.

A. C. N. MDCCLXIIII

ad laetas piarum animarum sedes errecta

Roemhild. III. Id. Decembr. A. C. N. MDCCLXXX.

V. Liberorum superstitum

III. aliis ante parentes inter caelites receptis

Mater desideratissima.

Hier hat, was sie an Sterblichem hatte, / niedergelegt / Anna Sophia / geborene Prinzessin von Schwarzburg/ Witwe von Herrn Herzog Franz Josias von Sachsen, / der Lande Coburgs und Saalfeld, / der sie nie betrübt hat außer durch seinen Tod. / Geboren in Rudolstadt am 5. Tag vor den Iden des September  1700. / verheiratet am 4. Tag vor den Nonen des Januar 1723. / des teuersten Gatten beraubt am 16. Tag vor den Kalenden des Oktober  1762. / Zu den seligen Wohnsitzen der frommen Seelen emporgehoben / in Römhild am 3. Tag vor den Iden des Dezember 1780. / Von 5 überlebenden / und 3 anderen Kindern, die vor den Eltern unter die Himmlischen aufgenommenen worden waren, / war sie die heißgeliebte Mutter.

Datumsangaben:

am 5. Tag vor den Iden des September = 9. September 1700

am 4. Tag vor den Nonen des Januar = 2. Januar 1723

am 16. Tag vor den Kalenden des Oktober = 17. September 1762

am 3. Tag vor den Iden des Dezember = 11. Dezember 1780

Zusatz: Die Angabe „A. C. N.“ bedeutet allgemein „ante Christum natum“ (vor Christi Geburt), was hier nicht möglich ist.

Interpretationen;

Unter soziologischer Betrachtungsweise fällt die hohe Kinderzahl und ebenso die Kindersterblichkeit als typisch für die Zeit auf. Und bemerkenswert ist zunächst, dass ihr als Frau eine solche Inschrift gewidmet worden ist, während aus heutiger Sicht ansonsten Gleichstellung von Frauen fehlte.

Ihr Stand ist gekennzeichnet durch die Geburt als „Prinzessin“ (Princip. Svartzeburg) und dann als Gattin des Herzogs. Über eigene Vorzüge wie Charakter oder Bildung erfährt man jedoch nichts, anders als häufig bei Männern, deren beruflicher Werdegang aufgezeigt wird.

So werden von ihr nur die Rollen in der Familie aufgeführt:

  • Mutter (mater desideratissima) von 8 Kindern,
  • Frau und später Witwe (vidua) des Herzogs (marito orbata).

So könnte man sich zumindest fragen, was sie denn in den 18 Jahren nach dem Tod des Gatten gemacht hat. Aber das bleibt im Dunkel der Geschichte.

 

Daneben ist es interessant, wie sich hier antike Bildung und christlicher Glaube durchdringen.

  • Das Antike zeigt sich in der Verwendung des Lateinischen mit Beherrschung von Konstruktionen wie des Ablativs mit Partizip (aliis … receptis), in der Verwendung römischer Datumsangaben, der Latinisierung von deutschen Namen etc. All dies belegt die Bildung, die ihre Wurzeln im Humanismus – ebenso aber auch im Lateinischen als Sprache des Klerus bzw. allgemein der Gebildeten – hat, als man zurück zu den antiken Grundlagen – ad fontes! – ging und also auch z. B. die philosophischen Texte der „Heiden“ las.
  • Der christliche Glaube bestimmt dagegen den Inhalt, angefangen von der Seele, die den Körper verlässt (mortale deposuit), Himmel als Ort, zu dem die Toten aufsteigen (ad laetas piarum animarum sedes errecta; ebenso: inter caelites receptis)

Damit dürfte hinreichend dokumentiert sein, wie selbst so ein „einfacher“ Text es wert ist, sich genauer damit zu beschäftigen.


Quellen:

Armin Leistner: Alte Grabdenkmäler und Epitaphien des Coburger Landes – I. Teil; in: Jahrbuch der Coburger Landesstiftung 1976; S. 122 f.

Ingo Krauß: die Epitaphien und Grabmäler der St. Morizkirche in Coburg; Zweiter Teil; Coburg 1933, Seite 98 / 99;

 


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